EuGH zu den Schranken des Patentschutzes bei Gensequenzen
Case C-428/08 - REFERENCE for a preliminary
ruling under Article 234 EC from the
Rechtbank’s‑Gravenhage (Netherlands)
Ist eine Gensequenz Gegenstand eines Patents,
erstreckt sich der Patentschutz nicht auf Material,
in dem die Gensequenz ihre Funktion, für die sie
patentiert wurde, nicht ausführen kann.
(Vorstehende Aussage ist kein
Entscheidungstenor (!), sondern meine persönliche
verallgemeinernde Interpretation des
Entscheidunginhalts)
Monsanto ist Inhaber des Europäische Patents
EP 0 546 090, dass Glyophosat-tolerante
5-Enolpyruvylshikimat-3-Phosphat Synthasen (EPSPS)
betrifft und u.a. in den Niederlanden validiert
ist.
Glyophosat ist ein nicht-selektiv wirkendes Herbizid,
dass EPSPS der Klasse I inhibiert, was den Tod der
behandelten Pflanzen zur Folge hat und von Monsanto
unter dem Markennamen 'Roundup' vermarktet wird.
Pflanzen jedoch, die die patentgemäßen Enzyme
enthalten, überleben die Roundup-Behandlung schadlos.
Monsanto hat die entsprechenden Gene in eine
Soja-Pflanze überführt und vermarktet diese als RR
(Roundup-Ready) Soja.
RR Soja wird in großem Maßstab in
Argentinien, wo kein Patentschutz besteht, angebaut
und dort zu Sojamehl weiterverarbeitet. Dieses
gelangte auch nach Europa, wo es Monsanto im Hafen
von Amsterdam beschlagnahmen ließ. Tests ließen
darauf schließen, dass das Mehl von RR Soja stammte.
Monsanto nahm daraufhin vor einem niederländischen
Gericht die Importeure, Cefetra BV und Alfred B.
Toepfer International GmbH, wegen Patentverletzung in
Anspruch.
Das niederländische Gericht wandte sich an den EuGH,
weil es in der Auslegung des Art. 9 der
Biotechnologie-Richtlinie 98/44/EC unsicher war. Art. 9 besagt,
dass sich der Patentschutz bei Erfindungen, die
Gensequenzen zum Inhalt haben, auf jedes
biologisches Material erstreckt, in dem das
genetische Material enthalten ist und seine
Funktion erfüllt. Das beanstandete Sojamehl
enthielt zwar die patentgemäßen Gensequenzen, ist
aber totes Material; die patentgemäßen Gene können
darin nicht ihre Funktion erfüllen.
Dazu der EuGH:
1. Art. 9 Richtlinie 98/44/EC ... ist so zu interpretieren,
dass der Patentschutz sich nicht auf Umstände
erstreckt ..., in denen das patentierte Produkt in
Soja-Mehl enthalten ist , wo es die Funktion, für
die es patentiert wurde, nicht ausführen kann,
selbst wenn es möglicherweise diese Funktion
erneut ausführen könnte, wenn es aus dem Mehl
extrahiert und in eine lebende Zelle überführt
würde.
2. Art. 9 der Richtlinie schließt eine andersartige
Betrachtungsweise durch die nationalen Gesetzgeber
aus. Der absolute Schutz des patentierten Produkts
als solches, ohne die Betrachtung, ob es seine
biologische Funktion in dem Material, in dem es
enthalten ist, ausführen kann, ist ausgeschlossen.
3. Art. 9 der Richtlinie schließ aus, das der Inhaber
eines Patents, das vor Inkrafttreten der Richtlinie
erteilt wurde, sich auf das bei Erteilung geltende
nationale Recht auf absoluten Schutz des patentierten
Produkts berufen kann.
4. Die Art. 27 und 30 des TRIPS-Abkommens haben keine
Auswirkungen auf die Auslegung des Art. 9 der
Richtlinie.